Bessere Dokumentarfilme mit Gianna Mazzeo
Die Filmemacherin Gianna Mazzeo lädt uns hinter die Kulissen ihres neuen Dokumentarfilms „The History of the Carabiner“ ein und verrät uns ihre Kameraeinstellungen, ihren Zeitplan und die Checkliste für den Schnitt
Wie schafft ihr einen authentischen Ausdruck von Identität und Zugehörigkeit? Für die Videofilmerin und Regisseurin Gianna Mazzeo geht es darum, die Geschichte des Karabiners zu erzählen (für diejenigen, die es nicht wissen: das ist ein ovaler Clip, der fürs Klettern erfunden wurde). Nachdem sie eine Anfrage für die Serie As Told By Us von Nikon und der Plattform WaterBear eingereicht hatte, produzierte sie ihren Dokumentarfilm The History of the Carabiner. Hier spricht sie mit dem Nikon Magazin übers Geschichtenerzählen, ihre Herangehensweise an die Komposition und wie sie alles zusammenbringt.
Überlegt euch, warum
Wenn ihr eine Idee für einen Dokumentarfilm einreichen wollt, müsst ihr euch zuerst überlegen, warum ihr das tut. Warum dieses Thema? Warum diese Geschichte? Was will ich damit sagen? Für Gianna ging es darum, die hintergründige Geschichte des Karabiners zu erzählen. „Die Geschichte dieses Accessoires war für mich Neuland, so etwas hatte ich noch nie gesehen“, erklärt sie.
„Da Karabiner immer häufiger als Modeaccessoires getragen werden, wollte ich einen Film drehen, der die Menschen daran erinnert, wie sie entstanden sind. Welche Bedeutung dieser Gegenstand hat, den wir heute so lässig tragen“, fügt Gianna hinzu. „Queere Menschen wurden im späten 20. Jahrhundert und leider auch heute noch diskriminiert. Die Mühen und die wichtige Arbeit, die sie geleistet haben, um die Rechte und die Akzeptanz der LGBTQIA+-Community zu verbessern, fangen endlich an zu wirken. Wir beginnen, viele bedeutsame Veränderungen zu sehen (obwohl es natürlich noch viel zu tun gibt). Mitglieder der queeren Community fühlen sich heute wohler, wenn sie sie selbst sein und sichtbare Symbole ihrer Identität tragen können. Daher denke ich, dass es wichtig ist, zurückzublicken und sich daran zu erinnern, warum das so ist und wer das ermöglicht hat.“
Plant die Struktur in der Vorproduktionsphase
„Ich habe die meiste Zeit mit der Vorproduktion verbracht: Schreiben und Recherchieren. Das dauerte etwa zehn Tage. Ich brauchte eine weitere Woche, um das Voiceover zu schreiben und mir dann visuelle Elemente auszudenken, um die einzelnen Abschnitte des Voiceovers zu ergänzen“, sagt Gianna. „Im Verlauf des Projekts wurde das Drehbuch mehrfach geändert – insgesamt gibt es sieben Versionen. Ich habe mit einer Platzhalter-Sprachaufnahme gearbeitet, die ich selbst zu Hause aufgenommen habe. In allerletzter Minute, als wir im Online-Schnitt waren, haben wir die Stimme final aufgenommen.“
Die richtige Ausrüstung zusammenstellen
Gianna hat mit der Nikon Z 8 und einem NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, einem NIKKOR Z 14-24mm f/2.8 S und einem NIKKOR Z 50mm f/1.8 S gefilmt. „Ich finde es toll, wie leicht die Z 8 ist und dass sie meine Rückenprobleme, die durch zu schwere Kameraausrüstung entstanden sind, nicht verschlimmert hat! Auch die Zoomfunktion in der Kamera ist super“, sagt sie. „Ich war anfangs vorsichtig und hatte Bedenken, dass es wie ein Zoom-Effekt in der Nachbearbeitung aussehen würde. Aber ich war wirklich beeindruckt von der Funktion, denn so konnte ich auf zusätzliches schweres und teures Zubehör verzichten. Ich habe aus der Hand gefilmt, mit einem Cine Saddle (Beanbag) für mehr Stabilität.“
Top-Tipp: Die Nikon Z 8 hat zwei benutzerdefinierte Tasten auf der Vorderseite der Kamera, die man für den kamerainternen Zoom einstellen kann. Hier verhält sich der kamerainterne Zoom wie ein alter Camcorder, bei dem man selbst mit einer Festbrennweite per Tastendruck hinein- und herauszoomen kann. Außerdem könnt ihr die Geschwindigkeit auch in der Kamera anpassen.
Filmt im manuellen Modus für ultimative Kreativität
Der manuelle Modus bietet Flexibilität. „Ich habe die NIKKOR Z 50mm f/1.8 S Festbrennweite für Porträtaufnahmen verwendet, weil es lichtstark ist und eine schmeichelhafte, geringe Tiefenschärfe bietet“, sagt Gianna. „Ich habe mich für das weite Ende des 14-24mm-Zooms entschieden, um mit verzerrten Weitwinkel-Nahaufnahmen einen modernen Akzent zu setzen. Mit einem Weitwinkelobjektiv ist man sehr nah an seinem Motiv. Ich mag die Art und Weise, wie es Intimität erzeugt und gleichzeitig Hintergrundkontext zulässt. Meine Blende war immer weit geöffnet, um eine möglichst geringe Tiefenschärfe zu erzielen, und ich habe ND-Filter verwendet, um die Lichtmenge zu steuern (eine Anleitung zu Filtern findet ihr hier). 800 war mein gewählter ISO-Wert, aber ich habe ihn für Emelias Nachtaufnahmen vor dem Wohnhaus auf 1600 erhöht. Sonst habe ich mich für 800 entschieden, um das Rauschen zu reduzieren und die Aufnahmen von Dee an der Zapfsäule etwas unterzubelichten (was dann bei der Bearbeitung behoben wurde).
Giannas Kameraeinstellungen:
- Bildrate und Auflösung: 25 Bilder/s und 4K
- Belichtungszeit: 25 Bilder/s bei 1/50
- Blende: Offenblende für die geringste Tiefenschärfe
- ISO: 800, bis zu 1600 für Nachtaufnahmen
- Weißabgleich: entsprechend der Farbtemperatur der Umgebung
Top-Tipp: Die Belichtungszeit sollte immer doppelt so hoch sein wie die Bildrate (bei 30 Bildern pro Sekunde sollte die Belichtungszeit 1/60 betragen), da so möglichst natürlich wirkende Aufnahmen entstehen.
Variiert die Einstellungen
„Ich wollte mit Match Cuts Momente schaffen, die alle Mitglieder der Community über ein visuelles Motiv miteinander verbindet“, erklärt Gianna. „Ich habe mehrere Momente im Film ausgewählt, von denen ich wusste, dass ich sie im Match Cut auf alle Personen übertragen kann. Zum Beispiel die weiten Aufnahmen von Personen, die still stehen und in die Kamera schauen, während wir heranzoomen. Oder die Sequenz am Ende, in der die Kamera in einem Halbkreis um ein Model auf Taillenhöhe herumfährt.“
Mehr dazu: Mit der Nikon Z 8 ein Video von einer Live-Performance drehen
Nutzt das natürliche Licht
„Ich liebe es, bei natürlichem Licht zu fotografieren und finde es viel einfacher zu kontrollieren. In Amsterdam ist es oft bewölkt, was für eine schöne Lichtstreuung sorgt. Eine Innenaufnahme war Jennifer Loveless in einem Plattenladen. Das passt, denn sie ist DJ und Produzentin! Ich habe diesen Laden schon eine ganze Weile in meinem Smartphone gespeichert. Ich mochte schon immer, wie chaotisch und überfüllt der Laden ist. Es war schwierig, mit den Leuchtstoffröhren zu filmen, da sie einen grünen Farbton in den Raum werfen. Wir haben das aber gut hinbekommen, indem wir in N-LOG gefilmt und in der Farbkorrektur bearbeitet haben.“
Mehr dazu: Ein Leitfaden für Licht
Wichtige Bearbeitungselemente
Ihr habt also die Dastellenden versammelt, die Szenen gefilmt und jetzt ist es an der Zeit, alles zusammenzubringen. Hier sind die wichtigsten Punkte, die ihr beachten solltet:
Musik
Gianna wollte, dass die Musik zeitgemäß ist und einen elektronischen Einschlag hat, um den Dokumentarfilm in den Bereich der Modefilme einzuordnen. „Der erste Teil ist verträumt und abstrakt, der zweite Teil verlangt nach treibender, weniger emotionaler Musik. Dann kommen wir schließlich in den Alison-Bechdel-Teil, wo die Musik langsamer wird: gefühlvoll, melodisch und nachdenklich“, erklärt Gianna. Ein Originalsong von Jennifer Loveless wurde ebenso verwendet wie die neue Veröffentlichung „Carabiner“ des Produzenten Bertie aus Melbourne.
Auswählen des Bildausschnitts
Bei der Bearbeitung des Materials sind euch keine Grenzen gesetzt. Für Gianna war Collage die Methode, mit der sie Archivmaterial, 35-mm-Fotos und das neue digitale Material der Z 8 übereinanderlegte. „Das Video sollte immer eine Mischung aus einem historischen Dokumentarfilm sein, der erklärt, wie der Karabiner entstanden ist, und einem Modefilm, weil er heute oft als Modeaccessoire getragen wird. Zwei Welten, die ziemlich weit voneinander entfernt sind“, sagt Gianna. „Die Collage hat diese Welten miteinander verbunden.“
Zusätzliches Filmmaterial
Ob ihr weiteres Filmmaterial benötigt, hängt von eurem Thema und eurem Bearbeitungsstil ab. Gianna wollte ihr Filmmaterial in einen historischen Kontext einbetten, obwohl sie noch nie zuvor mit Archivmaterial gearbeitet hatte. „Zuerst habe ich Archivmaterial aus dem Internet verwendet. Dann stellte sich heraus, dass es kaum öffentlich zugängliche Inhalte gibt. Und wir mussten uns um Genehmigungen kümmern, Lizenzen für das Material erwerben oder Alternativen finden. Glücklicherweise konnten wir nach einer kurzen Erklärung des Themas des Projekts sehr viele Leute gewinnen, die uns unterstützen wollten. Sogar Alison Bechdel, deren Grafik Fun Home in der Dokumentation erwähnt wird, hat sich den Film angesehen und uns hilfreiches und anregendes Feedback gegeben.“
Text
Text auf dem Bildschirm muss ausgewogen und stilvoll sein. Gianna: „Von Anfang an wollte ich bestimmte wichtige Punkte mit Text auf dem Bildschirm betonen, um die Aufmerksamkeit auf Schlüsselbotschaften zu lenken: auf Handlungsfähigkeit und Leistungsfähigkeit, aber auch auf komischere Momente“. Achtet immer darauf, dass der Text lange genug auf dem Bildschirm erscheint und in einer Farbe und Schriftart, die gut zu lesen ist. Giannas Beweggrund? „Der Dokumentarfilm ist sehr intensiv mit Audio und Video. Deshalb wollte ich bestimmte Wörter und Ideen aus dem konstanten Voiceover hervorheben“, sagt sie.
Kreative Farbanpassungen
Mit visuellen Elementen wie Animationen, Titeln oder verschiedenen Arten von Filmmaterial könnt ihr die Aufmerksamkeit der Zuschauenden aufrechterhalten. „Bei der Farbgebung war die Vorgabe: lebendig, gesättigt und farbenfroh“, sagt Gianna. „Um das Archivmaterial mit dem neuen Material zu verbinden, haben wir etwas Körnung hinzugefügt und einen analogen 35-mm-Look verwendet, um das Nikon-Material nostalgisch aussehen zu lassen.“
Seht euch The History of the Carabiner here an.
Dank: Ein Film von Gianna Mazzeo / Produziert von WaterBear / Unterstützt von Nikon
Besetzung: Marieke Ubachs, Elisa Da Laqume, Ruby Cruden, Rex Rank, Louis Veelenturf, Aleksandra Melekhina, Jennifer Loveless, Diede Vermeesch, Emelia Portellos
Executive Producer – Rickey Welch & Lisa Cadwallader / Associate Producer - Alexia Lafeuille / Stylist – Georgia Boal- Russel / Production Manager – Iona Smith / HMUA - Chiara Sriram / Stills Photographer – Ruby Cruden / Gaffer – Emelia Portellos / Production Assistant - Dirkje Duwel / Colour Grade - Vanessa Aparicio (Glassworks) / Original Score – Jennifer Loveless / Music – ‚Carabiner‘ von Bertie + ‚Fall In Love‘ von Jennifer Loveless / Sound Design & Mixing – Sam Walvisch (Public Audio)
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